9. Juli 2018

Networking ist nicht alles, aber ohne Networking ist alles andere nichts

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Networking ist durch die Globalisierung ein Thema, um das kein Unternehmen mehr herumkommt. Marktbezogene Beziehungen zu pflegen schafft Synergieeffekte, generiert neue Kunden und VertriebskanĂ€le. Dr. Ingolf NeunĂŒbel hat viele Jahre als GeschĂ€ftsfĂŒhrer von Business Network Entscheider aus Unternehmen, VerbĂ€nden und Behörden zusammengebracht und durch neue Kontakte die Optimierung persönlicher Netzwerke gefördert. Heute unterstĂŒtzt er als freier Berater ausgewĂ€hlte Kunden in den Bereichen strategische Unternehmenskommunikation, Positionierung und Networking.

Herr Dr. NeunĂŒbel, Sie machen seit vielen Jahren Öffentlichkeitsarbeit auf höchstem Niveau. Was fasziniert Sie an PR?

Vieles. Es fĂ€llt mir schwer, einen Bereich besonders hervorzuheben. Der Reiz von PR liegt fĂŒr mich im Zusammenspiel der einzelnen TĂ€tigkeitsfelder – gewissermaßen in der Gesamtkomposition aus Mitteln, Wegen und Instrumenten. Meinen Erfahrungen nach gelingt PR erst dann, wenn ein System zugrunde liegt. In vielen Unternehmen wird sehr viel im PR-Bereich getan und doch fehlen Effekte, fehlt ein erkennbarer Nutzen fĂŒr das Unternehmen. Des RĂ€tsels Lösung: Meist fehlt die richtige Systematik. Weniger ist mehr, wenn aufeinander abgestimmte Maßnahmen umgesetzt werden.

Was ist klassisches Networking fĂŒr Sie?

Wie der Begriff verrĂ€t, bedeutet Networking im klassischen Sinne Netzwerkarbeit. Es geht um den Aufbau neuer und die Optimierung bestehender Netzwerke, das heißt von Kontakten und Verbindungen zu Entscheidern und Multiplikatoren. Diese teils zeitaufwĂ€ndigen AktivitĂ€ten sind jedoch kein Selbstzweck. Konsequent betrieben sind sie heutzutage eine wesentliche Voraussetzung fĂŒr erfolgreiche GeschĂ€ftstĂ€tigkeit.

Wie hat es sich im Laufe der Jahre verÀndert?

War es frĂŒher möglich, auch ohne viele Kontakte erfolgreich zu sein, so ist heute und noch mehr in der Zukunft kaum ohne intensives Networking auszukommen. Ob man es gut findet oder nicht, wer seine Ziele durchsetzen will, braucht eine breitere Ebene. Die Konkurrenz untereinander nimmt Dimensionen an, die ein UnterstĂŒtzernetzwerk existenziell machen. So gesehen hat sich also sehr viel geĂ€ndert.

Machen sich besonders der Einfluss von Xing und LinkedIn bemerkbar?

Ganz klar: Ja. Auch hier ist nicht die Frage, ob man es will oder nicht – entscheidend ist, wie man mit den neuen Medien umgeht und sie fĂŒr seine Ziele einsetzt. Meiner Meinung nach unterschĂ€tzen viele Unternehmer die Bedeutung der sozialen Medien. Wer sie richtig einsetzt, kann von der Mitarbeitergewinnung bis zur zielgerichteten Kommunikation davon profitieren.

Was ist aufgrund der VerĂ€nderungen fĂŒr Sie als Dienstleister zu beachten?

Im Grunde ist es ganz einfach, aber das Einfache ist wie immer das schwerste. FĂŒr Dienstleister unserer Couleur sind die sozialen Medien auf dem Weg, die wichtigsten KommunikationskanĂ€le zu werden. Wir mĂŒssen das Thema soziale Medien von Anfang an in der Kundenbetreuung mit auf die Tagesordnung setzen. Das klingt einfach, ist aber durch die stĂ€ndigen Neuerungen in den Medien eine wirkliche Herausforderung.

Sie sind besonders fĂŒr ganzheitliches strategisches Kommunikationsmanagement bekannt. Wie wichtig ist Networking in diesem Maßnahmenpaket?

Ich will nicht ĂŒbertreiben, aber ohne Networking geht heute nichts mehr. Noch so ausgeklĂŒgelte Konzepte werden scheitern oder nur teilweise wirksam, wenn Netzwerkarbeit nicht die ihr gebĂŒhrende Rolle bekommt. Ganzheitliche Kommunikation kann man sich vorstellen wie ein System von ZahnrĂ€dern, die ineinandergreifen. Das wird jedoch nur optimal gelingen, wenn die netzwerkeigenen AntriebskrĂ€fte das System in Bewegung setzen bzw. halten.

NeugrĂŒnder gibt es viele – viele scheitern allerdings mit ihrem Business. Wie entscheidend ist Networking fĂŒr moderne Unternehmen?

Ich habe schon gesagt: Networking ist heute keine WĂŒnsch-dir-was-Veranstaltung, sondern knallharte GeschĂ€ftstĂ€tigkeit. Das gilt umso mehr fĂŒr neue oder junge Unternehmen. FĂŒr die ist Networking fast noch wichtiger als finanzielles Kapital. Was nĂŒtzt eine gute Idee und vielleicht auch viel Geld, wenn niemand da ist, der dabei hilft, die Idee zu verbreiten oder sich fĂŒr sie einsetzt? Ich wĂŒrde sagen: Nicht viel.

Brauchen NeugrĂŒnder zwangslĂ€ufig einen Spezialisten an ihrer Seite, der sich um die PR kĂŒmmert?

Es wĂ€re jedenfalls ratsam. Nachvollziehbarerweise glauben viele Start-Ups, ohne PR auszukommen. Wenn wenig Geld da ist, meinen viele, zuerst in diesem Bereich sparen zu können. Der Moment könnte ihnen recht geben, aber langfristig gesehen ist es kurzsichtig. Niemand braucht ein funktionierendes Netzwerk, in dem man sich bewegen kann, nötiger als junge Unternehmer. Partner, Freunde, UnterstĂŒtzer, Berater, Geldgeber usw. – Vertreter aus all diesen Bereichen bilden das Netzwerk, das notwendig ist, um ein neues Unternehmen zu stabilisieren und kontinuierlich zu entwickeln.

Wie viel Prozent der Öffentlichkeitsarbeit macht Networking am Anfang aus?

Das lĂ€sst sich nicht pauschalisieren. Das konkrete Maß an Networking im VerhĂ€ltnis zu den anderen Kommunikationsinstrumenten hĂ€ngt von der Situation ab, in der sich ein Unternehmen befindet. Ganz am Anfang ist Networking neben der eigentlichen unternehmerischen TĂ€tigkeit und der Kapitalbeschaffung mit das Wichtigste.

Und was ist Ihre Erfahrung – wird es mit den Jahren weniger?

Absolut gesehen ja, relativ betrachtet eher nicht. Andere Kommunikationsbereiche, beispielsweise Pressearbeit, gewinnen normalerweise im Laufe der Entwicklung eines Unternehmens an Bedeutung. Dadurch kann sich die absolute GrĂ¶ĂŸe des Networking verringern, in Relation zu den anderen Bereichen wird Networking jedoch immer einen bedeutenden Anteil der Gesamtkommunikation beanspruchen.

Mal ganz allgemein: Was sind die wichtigsten Pfeiler einer erfolgreichen Networking-Strategie?

Drei Dinge: Klare Zielgruppen, klare Botschaften und sichere Wege, beide Seiten zusammenzubringen. Wer nicht weiß, welche Botschaft welcher Zielgruppe wann und wie vermittelt werden kann – wer also eher ins Blaue hinein kommuniziert – wird scheitern. Es gibt unzĂ€hlige Beispiele dafĂŒr, dass viele AktivitĂ€ten entwickelt werden, aber nicht klar ist, wie derjenige erreicht werden kann, der erreicht werden muss. Das ist umso fataler, da in der Regel nur ein Versuch möglich ist, jemandem in sein Netzwerk zu integrieren.

Sie sind am Puls der Zeit und haben sicher einige spannende Tendenzen beobachtet, wenn Sie Strategien erarbeiten und auswerten. Was sind die wichtigsten Trends in Sachen Networking?

Das Wichtigste war, ist und bleibt der persönliche vertrauensvolle Kontakt zu Entscheidern und Multiplikatoren, die bei der Durchsetzung der eigenen Ziele nĂŒtzlich sein können. Manch einer könnte jetzt sagen, hier werden Menschen ausgenutzt, doch mitnichten. Netzwerkarbeit heißt gegenseitiges Geben und Nehmen getreu der Erkenntnis: Stark ist man nicht allein, sondern nur unter VerbĂŒndeten.

Herr Dr. NeunĂŒbel, wir danken fĂŒr die interessanten Antworten.