Ein Jahr voller Skandale und Negativ-PR hat Facebook enorm zugesetzt: DSGVO, Datenskandale und Sicherheitslücken bei Vermeidung von Hass im Netz sorgen dafür, dass Facebook in Europa stetig Nutzer verliert. So sank die Zahl monatlich aktiver Nutzer von 376 aus 375 Millionen aktiven Nutzern allein im dritten Quartal des Jahres 2018. Auch die Interaktion auf der Plattform stagniert.
Spitzenreiter im Social Media bleibt Facebook
Seit 2004 war Facebook die unangefochtene Nummer eins, wenn es um Social Media Marketing für Unternehmen ging. 2017 erzielte es einen Umsatz von 41 Mrd. USD. Dies gelang besonders dadurch, dass Nutzer über die Plattform ihre Nachrichten erhalten. So nutzten 2017 23% von 1969 Befragten in Deutschland Facebook, um die für sie relevanten Neuigkeiten zu beziehen. In den USA lag der Wert sogar bei 41% bei 23.557 Befragten.
Weltweit wird Facebook von immerhin 2,2 Milliarden Menschen genutzt, 1,4 Milliarden davon besuchen die Plattform täglich. Auch der Facebook Messenger und die Facebook Stories tragen ihren Teil dazu bei, User langfristig zu binden. Daher spielt Zuckerbergs Jahrbuch-Portal trotz der aktuellen Entwicklung eine weiterhin zentrale Rolle in der digitalen Markenführung. Dennoch ist Facebook nach wie vor nur ein Rad im Getriebe des Marketing-Mixes.
Änderung im Algorithmus schwächt organische Reichweite von Unternehmensbeiträgen
Bereits Anfang des Jahres 2018 hat Mark Zuckerberg verkündet, dass sich die Gewichtung von Beiträgen im Newsfeed ändert. Das bedeutet, dass Privates und Konversationen heute als wichtiger angesehen werden als die Neuigkeiten von Unternehmen und die Relevanz von Unternehmensseiten somit abnimmt.
Mit dieser Änderung geht Facebook einen großen Schritt zurück zu den Wurzeln eines Netzwerks, das ursprünglich dazu gedacht war, „Freunde“ auf der ganzen Welt miteinander zu verbinden. Seit 2018 ist der Newsfeed wieder auf dem Weg dazu, wozu er eigentlich gedacht ist: Freunde über die Neuigkeiten ihrer Freunde zu informieren.
Für Unternehmensseiten, deren Inhalte von den Nutzern der Plattform nicht beachtet werden, indem sie kommentiert oder geteilt werden, erleben die größte Verringerung bei der Verbreitung ihrer Inhalte. Gelingt es Unternehmen allerdings, mit ihren Beiträgen eine bedeutungsvolle Interaktion ihrer User zu schaffen, werden sie weiterhin im Newsfeed auftauchen.
Unternehmen nutzen Tricks und Schlupflöcher
Die 2018 implementierten Änderungen sind nicht der erste Vorstoß, den Facebook bezüglich der optimalen Nutzung des Newsfeeds wagt. Doch Unternehmen haben immer wieder Tricks genutzt, um mehr organische Reichweite zu generieren – so nutzten sie beispielsweise Gewinnspiele, Clickbaits (Köder, um höhere Zugriffszahlen zu erreichen) oder Live-Abstimmungen und Engagement Baits („Like, wenn du das auch kennst“, „Markiere einen Freund, der Pizza liebt“).
Der neue Algorithmus allerdings erkennt jedoch, dass Kommentare nicht gleich Kommentare sind. Längst ist es nicht mehr ausreichend, Kommentare zu generieren, um eine hohe Reichweite zu bekommen. Mittlerweile erkennt Facebook Kommentar-Gewinnspiele und stuft diese bewusst als wenig bedeutungsvolle Interaktion ein. Nur Diskussionen wertet Facebook als Indikator für wertigen Content, der Nutzer unterhält und im Newsfeed geteilt wird.
Es reicht nicht, nur Kommentare zu generieren, um eine hohe Reichweite zu bekommen. Denn ein Kommentar-Gewinnspiel erkennt selbst Facebook nicht als bedeutungsvolle Interaktion an. Vielmehr sind Diskussionen ein Indikator für Inhalte, die Nutzer bewegen und interessieren.
Auch Anzeigen generieren Reichweite
Um den Newsfeed-Algorithmus auszutricksen, helfen bezahlte Anzeigen: Mehr Budget generiert mehr Reichweite und die hat mehr Konversationen zur Folge. Durch die neueste Algorithmus-Änderung könnten die Preise für Anzeigen jedoch weiter steigen, da es eine höhere Konkurrenz geben wird, wenn Facebook weniger Werbeplätze im Newsfeed zur Verfügung stellt. Um mit den Anzeigen bei der Zielgruppe zu punkten und überhaupt wahrgenommen zu werden, sollten sie außerdem unbedingt einen nennenswerten Mehrwert enthalten.
Große Chance für Unternehmen: Facebook-Gruppen
Mithilfe von Facebook-Gruppen können Communities und Netzwerke aufgebaut werden. Diese sind in der Regel thematisch organisiert und beschäftigen sich mit einem Sachverhalt, einer Marke oder einem gemeinsamen Interesse. In einer Gruppe können Unternehmen nun als Experten für ihren Fachbereich auftrumpfen.
Sie können spezielle Fragen beantworten, Interessenten mehr über Features von Produkten oder die positiven Anstöße, die ihr Unternehmen in bestimmten Bereichen abdeckt, erzählen. Dadurch fühlen sich Nutzer angesprochen und eingebunden und festigen ihren Draht zum Unternehmen oder zur Marke.
Diese Arbeit erfordert allerdings sehr viel Zeit. Der Social Media Manager muss sich ständig mit neuen Aspekten in eine Diskussion einbringen, das Interesse aufrechterhalten und den richtigen Ton treffen. Dann sind Facebook-Gruppen ein guter Kanal zur Stärkung der Kundenbindung. Direkter Austausch gibt Unternehmen außerdem wider, wie Produkt oder Marke ankommt und welche Schwierigkeiten es gibt – ein sehr wertvolles, da ehrliches und ungeschöntes Feedback.
Grundsätzlich lernen Unternehmen durch Aktivitäten in Gruppen außerdem ihre Zielgruppe besser kennen und können ihre Bedürfnisse antizipieren. Darauf aufbauend können die Produkte noch zielgruppengerechter entwickelt werden.
Wichtig ist allerdings, Produkte nicht überbordend in den Vordergrund zu stellen. Kein Nutzer möchte auf Dauer die Interaktion mit Kaffeebohnen, einem Schoko-Riegel oder einem Toaster.
Jugendliche interessieren sich nicht mehr für Facebook
Das Zuckerberg-Imperium leidet nicht wirklich unter dem Mitgliederschwund junger Nutzer bei Facebook. Diese wandern nämlich zum digitalen Fotodienst Instagram, der 2012 von Facebook übernommen wurde. Für Marketer bedeutet das, dass sie bei ihrer Zielgruppenanalyse eine genaue Grenze zwischen Digital Natives und älteren Kunden in spe ziehen müssen.
Die junge Generation der Smartphone-Nutzer ist mit Sozialen Medien aufgewachsen. Sie teilen weit mehr persönliche Inhalte als ältere Nutzer und treiben damit die Werbekosten auf Instagram in die Höhe. Unternehmen, die Millennials als Zielgruppe ausmachen, sollten daher verstärkt auf Aktivitäten bei Instagram setzen.
Einmal Instagram und zurück: Stories machen Facebook attraktiver
Die von der Foto-Plattform bekannten kurzen Bilder-Strecken oder Videos haben längst Einzug bei Facebook gehalten. Dort bieten sie nicht nur privaten Nutzern, sondern vor allem Unternehmen eine große Chance, sich darzustellen. So können Stories sogar von Instagram nach Facebook exportiert werden.
Grundsätzlich sind die kurzen Videos nicht mehr aus dem Online Marketing wegzudenken. Unternehmen nutzen Stories, um ihrem Business auf emotionale und unkonventionelle Weise ein einzigartiges Profil zu geben, das Fans, Abonnenten und potenzielle Kunden anspricht und überzeugt. Wichtig dabei ist es, Inhalte zu schaffen, die Transparenz zeigen, einer Strategie folgen und einen hohen Unterhaltungswert aufweisen.
Video-Content wird nicht nur vom Facebook Algorithmus sehr hoch gewertet. Außerdem geben 53 % der Nutzer an, mehr Produkte und Dienstleistungen online zu kaufen, seit ihnen diese in Stories auf Facebook und Instagram präsentiert wurden. Ganze 44 % rufen Unternehmenswebseiten auf, nachdem sie eine Story gesehen haben und sogar bei 62% interessierten sich danach langfristig für die Produkte eines Unternehmens. Daher eignen sich Stories besonders für Produkteinführungen, die es direkt mit positivem Image auf den Markt bringen.
Vor allem, weil Nutzer angeben, Stories von Unternehmen gerne anzusehen, ist es nur logisch, dass Firmen zunehmend auf die Mini-Filme setzen. Dazu liefert Facebook eine interessante Statistik: In Deutschland, Frankreich und Großbritannien besuchen 44 % die Unternehmenswebseite, nachdem sie sich eine Story angesehen haben. 40 % suchen auf Webseiten nach Produkten, welche sie in einer Story von einem Unternehmen gesehen haben und 21 % suchen sogar eine Filiale auf.
Dabei ist natürlich zu bemerken, dass Stories mit dieser Wirkung hochwertige, meist von spezialisierten Agenturen durchgeführte Produktionen voller Kreativität sind, die unterhalten, informieren und hängen bleiben.
Chatbots im Facebook Messenger
10 Mrd. Nachrichten werden jeden Monat über den Facebook Messenger an Unternehmen verschickt. Um den interessierten Nutzern den bestmöglichen Kundenservice zu bieten, implementieren immer mehr Unternehmen ihren eigenen Chatbot.
Hier haben sie die Wahl zwischen weniger komplexen Systemen und welchen, die einer KI ähneln. Die einfachen Bots sind dazu geeignet, einen vordefinierten Dialog mit den Nutzern zu führen. Die „intelligenteren Anwendungen“ sind dazu programmiert, der Intention der Kunden in spe auf den Grund zu gehen und lernen in jedem Gespräch dazu, um ihr Verhalten für zukünftige Anfragen zu optimieren.
Um einen Facebook Chatbot zu implementieren, registriert man sich zunächst als Facebook Developer und fügt die entsprechende App seinem Profil hinzu. Anschließend wählt man ein externes Tool, um seinen Facebook Chatbot zu entwerfen. Dabei werden verschiedene Verhaltensblöcke ausgewählt, die der Bot verwenden soll. Hier kann beispielsweise verfügt werden, dass er auf Fragen spezifische Antworten gibt oder sie mit Gegenfragen spezifiziert.
Wichtig ist bei der Programmierung eines Chatbots, dass man sich schon im Vorfeld genau überlegt hat, was seine Funktion sein soll. Wenn er Kunden beraten soll, muss er über das gesamte Produktsortiment Bescheid wissen und stets auf dem Laufenden gehalten werden, was Preise und Items angeht. Soll er nur Auskünfte über Lieferzeiten und Öffnungszeiten oder Ähnliches geben, ist das weit weniger Arbeit. Auf jeden Fall sollte er den Nutzern einen Mehrwert bieten – und dieser sollte feststehen, bevor der Bot programmiert wird.
Ein Ansatz ist es, festzulegen, welches Ergebnis das Gespräch mit dem Bot haben soll, beispielsweise der Kauf eines Produktes oder eine andere erwünschte Handlung des Nutzers. Wichtig ist auch, dass der Bot kurz und präzise antwortet und Auskunft gibt, damit der Kunde genau das bekommt, was er sich vom Gespräch erhofft hat. Die Antworten müssen außerdem im Stil des Unternehmens ausfallen – wer nachhaltig produzierte Rucksäcke anbietet, sollte dem Bot andere Dialoge geben, als bei einem Geschäft für Luxusuhren. Ist der Chatbot programmiert, muss er nur noch veröffentlicht werden.
Die eigene Website ist wichtigstes Marketinginstrument
Da Facebook in der Relevanz sinkt, rückt die eigenen Website wieder in den Fokus der Online Marketing Manager. Doch nicht nur das: Suchmaschinenoptimierung allgemein generiert den Mehrwert, den Nutzer einfordern, wenn sie sich mit Inhalten und Produkten beschäftigen.
In der digitalen Welt ist Facebook nach wie vor ein zentraler Baustein zur Markenführung. Obwohl der Newsfeed an Bedeutung verliert, bietet die Community aufgrund der Vernetzung eine größere Reichweite als die meisten Websites. Facebook ist ein Schaufenster, das eigene Produkte, aber auch die Firmenphilosophie, soziales Engagement und vieles mehr herausstellt. Wichtig ist, um Mehrwert zu generieren, nicht nur auf die eigene Website zu verlinken, sondern das Branchenwissen unter Beweis zu stellen.
Was bedeutet das für kleine und mittelständische Unternehmen?
Besonders für KMU ist es oft nicht sinnvoll, Social Media-Kanäle intensiv zu bespielen. Die Gründe sind klar: Da sich die Unternehmen auf einen spezifischen Geschäftsbereich konzentrieren und es in der Regel wenig Neues gibt, gibt es auch nicht viel Content, der geteilt werden kann. Und wenn es Neuigkeiten gibt, achten Unternehmen oft nicht darauf, diese so aufzubereiten, dass der enthaltene Mehrwert so herausgestellt wird, dass er die Zielgruppe tatsächlich zu einer Diskussion anregt.
Großunternehmen lassen sich von Werbeagenturen teure Kampagnen konzipieren, die unterhaltsam sind, emotional berühren und aufeinander aufbauen, so dass die Zielgruppe eine langfristige Beziehung zu Produkt und Marke aufbauen kann. Für KMU lohnt es sich gerade budgettechnisch aber weniger, eine Agentur zu beauftragen oder einen Mitarbeiter allein für den Auftritt in sozialen Medien einzustellen, der in Gruppen und Foren Diskussionen anstößt und moderiert oder hochwertige Stories produziert.
Daher sollten sich vor allem KMU darauf konzentrieren, ihre Website SEO-technisch optimal auszurichten. Auf diese Weise können sie ihre Produkte und Dienstleistungen präsentieren, ihr Fachwissen darbieten und den eigenen Stil nach außen tragen. Mit den wichtigsten Schlüsselwörtern des Business werden die Unternehmen im Netz eher gefunden, als wenn sie sich an Social Media-Plattformen die Zähne ausbeißen, ohne einen Effekt zu bemerken. Denn: Social Media Aktivitäten werden von Suchmaschinen zwar positiv gewertet, was SEO angeht. Doch wenn auf Social Media-Bemühungen keine Reaktion erfolgt, wird genau das auch gewertet und konstatiert, dass wenig Relevanz vorliegt. Daher sollten vor allem KMU darauf achtet, dass nur wirklich spannende Neuigkeiten verbreitet werden, bei denen man mit einer Interaktion vonseiten der Nutzer rechnen kann.
Fazit
Social Media ist und bleibt ein wichtiger Indikator für die Suchmaschinen. Dennoch steigt der Stellenwert einer eigenen Website durch die Abnahme der Relevanz von Facebook. Um sie allerdings bekannt zu machen und ausreichend Traffic zu generieren, gibt es keine Alternative zu Social Media.